Inklusion: Jubeln mit dem Jahn
Bericht MZ 18.04.2018 von Engelbert Weiss
Miteinander “Wir dabei Regensburg” bringt Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Wo könnte das besser gelingen als im Fußballstadion!
Regensburg. Wie lange dauert es noch? Wann kommt der Bus? Wann geht es endlich los? Jakob Fischer, Jonas Stürznickel, Patrick Meier, Andreas Blabl und Familie Körner sind Dauerkartenbesitzer aus dem W2-Block in der Continental-Arena. Den Bewohnern der genossenschaftlichen Anlage “Wohnen Inklusiv Regensburg” (W.I.R.) auf dem ehemaligen Nibelungenkasernen-Areal entgeht fast kein Heimspiel des SSV Jahn Regensburg. Doch heute geht es nicht ins Regensburger Stadion. Der Verein “Wir dabei Regensburg” hatte 60 Freikarten und zwei Rollstuhlkarten für das besondere Derby im Ronhof-Stadion in Fürth organisiert. 60 Personen mit und ohne Handicap wollen mitfahren und warten auf den Bus. Aus dem Businessbereich des W2-Blocks sind die Unternehmer Kellner und aus dem Rollstuhlbereich die Familie Peutler dabei, alle natürlich im rot-weißen Outfit und ausgerüstet mit den notwendigen Fanutensilien. Da freut sich Uta Silberbach-Häusler, die Vorsitzende des Vereins “Wir dabei”. Durch Vermittlung des Jahn-Behindertenfanbetreuers Anton Englbrecht hat sie von Alexander Hahn, dem Manager Sponsoring, Aktivierung und CSR beim SSV Jahn Regensburg, die Freikarten für das Spiel in Fürth bekommen.
Mit Blaulicht zum Stadion
Im Nu waren alle Karten vergeben und der vom Verein organisierte Bus voll besetzt. Schon bei der Anfahrt nach Fürth erlebten die Jahnfans einen besonderen Höhepunkt: Kurz vor der Ausfahrt beim Stadion hatte sich ein Unfall ereignet. So geleitete eine Blaulicht-Eskorte der Polizei den Regensburger Bus bis direkt vor das Stadion. Gerade noch rechtzeitig zum Anpfiff waren alle behinderten und nichtbehinderten Fans mit vereinten Kräften im Ronhof-Stadion und hatten unter mehr als 11 000 Zuschauern ihre Plätze eingenommen. Das aufregende Spiel konnte losgehen. Drei Tore hat der Jahn geschossen. Zweimal haben die Regensburger Fans gejubelt – und einmal gestöhnt: Aber trotz eines Eigentors war der 1:2-Auswärtssieg des SSV in sicheren Tüchern. “Ja, eine wirklich gelungene Aktion”, freute sich Uta Silberbach-Häusler über die Fahrt der Fußballfans ebenso wie über den Erfolg ihrer Lieblingsmannschaft.
Menschen mit und ohne Handicap zusammenzubringen, das war ganz besonders auch mit einem Fürther Fan gelungen, berichtet die Vereinsvorsitzende stolz: Dem jungen Mann war Jakob Fischer aus der Regensburger Fangruppe aufgefallen. Jakob kann nicht sprechen. Durch Lächeln und Zeichen merkte der etwa zehnjährige Junge, dass Jakob etwas von ihm möchte. Weil Uta Häusler-Silberbach vor Jakob saß, fragte sie der Junge, was Jakob wohl von ihm wünsche. “Als ich ihm erklärte, dass Jakob zwar nicht sprechen kann, aber durch sein Lächeln und seine Gestik ihm signalisiert, dass er ihn sympathisch findet, war der Junge sehr beeindruckt”, berichtet die Vorsitzende von “Wir dabei”. “Während des gesamten Spiels kam der Junge immer wieder auf mich zu und fragte mich über Jakob aus. So erfuhr der Junge, wer Jakob ist, wo er zur Schule gegangen ist und dass er jetzt bei der Lebenshilfe in Lappersdorf arbeitet. Am meisten beeindruckt hat den Jungen, dass Jakob trotz seiner Behinderung Golf spielt und bei den Special Olympics bereits einige Medaillen gewonnen hat”, berichtet Häusler-Silberbach. “Das war wirklich ein besonderes Erlebnis, das sowohl Jakob gefallen und sicher auch den unbekannten Jungen sehr beeindruckt hat.”
Auch vom Service begeistert
Beeindruckt hat die Regensburger Jahn-Fans auch, dass sie im Stadion sogar von der Fürther Stadträtin Elisabeth Reichert extra begrüßt wurden und von ihr Glücksbringer erhalten haben. Und der Jahn-Sponsor Hausmeisterdienste Wild hat die Regensburger Jahnfans mit wie ohne Handicap in der Halbzeitpause mit Bratwurst- und Leberkässemmeln versorgt. So hat der Service ebenso wie der Sieg des Regensburger Zweitligisten in Fürth für große Begeisterung gesorgt.
Der 22-jährige Patrick Meier, der Torwart bei der Bananenflanke ist, strahlte vor Freude: “Ich habe mich wie bei einem Champion-Spiel gefühlt, weil da so viel gejubelt wurde und der SSV Jahn die Tore auf meiner Seite geschossen hat, sodass ich sie sehr gut sehen konnte.” Patrick wird am Samstag beim nächsten Heimspiel des SSV Jahn in der Continental-Arena gegen St. Pauli nicht dabei sein können, aber alle anderen Jahnfans mit wie ohne Handicap freuen sich schon riesig auf einen gemeinsamen und hoffentlich erfolgreichen Fußballnachmittag: Wie lange dauert es noch und wann geht es endlich los?
Foto: Anton Englbrecht